Ich bin normalerweise kein großer Fan von „Cosy Crime“. Bei Krimis und Thrillern darf es gerne zur Sache gehen, etwas Kuscheliges brauche ich dabei eher nicht. Eine Ausnahme gibt es allerdings: Die Kluftinger-Krimis von Volker Klüpfel und Michael Kobr. Ich habe die Autoren live bei ihrer Bühnenshow gesehen und da haben sie mein Herz erobert, bevor ich auch nur eins ihrer Bücher kannte. Und weil ich ihre Art zu schreiben mag, haben mich auch ihre jeweiligen Solo-Projekte interessiert. Die Dänemark-Reihe von Michael Kobr habe ich hier im Blog schon vorgestellt: Buchtipp: Nebel über Rönne (Michael Kobr). Jetzt hat auch Volker Klüpfel nachgezogen und eine neue Reihe gestartet, mit einem sehr ungewöhnlichen und sehr unterhaltsamen Ermittlerpaar.
Die Hauptfiguren
Tommi Mann ist Schriftsteller, auch wenn er erst zwanzig Seiten geschrieben und noch nie etwas veröffentlicht hat. Weil das Geld knapp ist, lebt er im uralten Wohnmobil seines Vaters. Auf die meisten Menschen wirkt er vermutlich wie ein echter Looser. Trotzdem ist er unglaublich sympathisch, denn er sieht fast alles positiv und hat einen etwas naiven Blick auf die Welt. Tommi ist fest davon überzeugt, dass es diesmal etwas wird mit seinem Thriller. Und er glaubt daran, dass er und seine Freundin Michelle nur eine Beziehungspause machen, auch wenn sie sich seit einem Jahr nicht mehr gesehen haben, sie mit anderen Männern Urlaub macht und ihre Handynummer geändert hat.
Der einzige Luxus, den es in Tommis Leben gibt, ist Svetlana. Sie ist Putzfrau und hat früher für Tommis Vater gearbeitet, der inzwischen in einem Altersheim lebt. Er bezahlt Svetlana weiterhin und sie macht das Wohnmobil sauber. Ursprünglich stammt Svetlana aus der Ukraine, trägt farblich passende Crocs, Putzkittel und Handschuhe, ist sehr resolut und hat für jede Lebenslage ein Sprichwort parat.
Darum geht’s
Als Tommi Svetlana nach der Arbeit nach Hause bringen will, finden beide im Wald ein nasses und völlig durchgefrorenes Mädchen. Die Kleine hat das Down Syndrom und trägt in ihrem Rucksack einen Zettel mit der Aufschrift „Hilf mir!“ bei sich. Die Polizei bringt das Kind zunächst ins Krankenhaus und später in einem Kinderheim unter, von der Mutter fehlt jede Spur. Svetlana und Tommi lässt die Sache keine Ruhe, sie versuchen, Kontakt zu dem Mädchen, das sie Leni nennen, zu halten. Leni spricht so gut wie gar nicht, aber an dem wenigen, was sie sagt, erkennt Svetlana, dass sie aus der Ukraine kommen muss. Nicht weit von ihrem Fundort entfernt liegt eine Flüchtlingsunterkunft, in die sich Svetlana einschmuggelt. Schnell wird klar, dass die Leiterin der Einrichtung nicht die Menschenfreundin ist, als die sie sich gerne darstellt und dass möglicherweise auch ihr Mann Dreck am Stecken hat.
Die Polizei ist natürlich nicht begeistert von Miss Marple und Doktor Watschel, wie Tommi und Svetlana dort genannt werden. Mit Mut, guten Freunden und einer ordentlichen Portion Frechheit schaffen sie es, immer mehr herauszubekommen und es wird schließlich noch ganz schön gefährlich, denn auch der ukrainische Korruptionssumpf wird noch eine wichtige Rolle bei ihren Ermittlungen spielen.
Meine Meinung
Tommi ist der Ich-Erzähler in dieser Geschichte und es steckt soviel Ironie und Wortwitz darin, dass es eine Freude ist dieses Buch zu lesen. Wir haben nicht nur den Krimi-Teil, sondern bekommen auch viel von seinem Alltagsleben mit. Der Thriller, den er schreibt, ist hanebüchen und sein Blick auf die Welt oft so naiv, dass man ihn schütteln möchte, damit er endlich merkt, was eigentlich um ihn herum passiert. Und genau dann hat Svetlana ihre ganz großen Momente. Sie spricht mit sehr starkem Akzent, nutzt die deutsche Sprache oft sehr phantasievoll und es reichen manchmal eine kleine Frage oder eine Bemerkung, um Tommis Sicht auf die Welt ins Wanken zu bringen. Es ist ein Buch, dass man leicht und locker weglesen kann, ohne dass es seicht ist, es wird viel geredet und die Dialoge machen wirklich Spaß. Ich habe bisher nur über die beiden Hauptfiguren gesprochen, aber auch der übrige Cast ist mega: Tommis Vater, der freiwillig ins Altenheim gezogen ist und dort mit jeder Bewohnerin etwas am Laufen hat, die Rommee-Runde, bei der sich Tommi sein schmales Budget aufbessert oder der Mitarbeiter des Ordnungsamtes, der Jagd auf ihn macht, weil man in einem Wohnmobil nicht wohnen darf.
Svetlana ist die Powerfrau, die mit Ernährungs- und Literaturtipps bereitsteht, um den schlappen Tommi aus seinem Tief zu holen. Dabei weiß sie alles über ihn, er aber nichts über sie. Am Ende des Buches bleiben noch einige Fragen offen:
- Warum ist Tommis Vater freiwillig im Altenheim?
- Woher kennt er Svetlana?
- Wer ist Svetlana überhaupt? Wo wohnt sie? Was macht sie, wenn sie nicht putzt? Was hat sie in der Ukraine gemacht und warum hat sie das Land verlassen?
Da steckt also noch einiges für weitere Romane drin.
In Kürze
Titel: Wenn Ende gut, dann alles
Autor: Volker Klüpfel
Verlag: Penguin
Erschienen: 2025
Preis: 24 Euro