Buchtipp: Alle meine Träume (Grégoire Delacourt)

Ich träume eigentlich ständig von einem Lottogewinn – mehr als ein paar Euro waren es aber nie. Nach der Lektüre dieses Buches bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob eine große Geldsumme wirklich so erstrebenswert ist. 

Darum geht es

Jocelyne ist 51 und mit ihrem kleinen Leben ganz zufrieden. Sie lebt in einer französischen Kleinstadt, führt dort ein kleines Nähgeschäft, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder. Ihr Leben wird komplett durcheinandergewirbelt, als sie im Lotto mehr als 18 Millionen Euro gewinnt. Die Ehe übersteht das nicht und auch ihr Sohn entfremdet sich von Jocelyne, weil er ihr vorwirft, seinen Vater nicht wieder zurückgenommen zu haben, als der eingesehen hatte, dass es keine gute Idee war, mit dem Geld abzuhauen. Inzwischen ist der Ex verstorben, der Sohn will keinen Kontakt mehr und die Tochter wohnt weit weg in London.

Jocelyne muss also alleine mit den neuen Lebensumständen klarkommen. Sie besucht eine Selbsthilfegruppe der Anonymen Gewinner und trifft dort auf einige skurrile Charaktere, die alle anders mit ihrem Geldsegen umgehen. Für Jocelyne wird klar, dass ihr ohne Geldgewinn eigentlich nichts gefehlt hat, dass sie mit kleinen Dingen vollauf zufrieden ist. Statt einer Weltreise, macht es sie glücklich in einem kleinen Urlaubsort in der Nähe aufs Meer zu gucken. Sie braucht keine teuren Uhren, wenn günstige die Zeit genauso anzeigen und so weiter.

Deshalb beschließt sie, mit ihrem Geld andere glücklich zu machen. Sie stellt sich an die Supermarktkasse und bezahlt die Einkäufe fremder Leute, schleppt eine überlastete Mutter ins Reisebüro und bucht ihr einen Urlaub. Sie lässt „zufällig“ Geld fallen, wenn sie in der Nähe eines Obdachlosen ist. Aber all diese Taten verkleinern ihr Vermögen nur minimal. Sie plant deshalb Projekte, die keine Kredite bekommen, weil sie einfach nur Gutes tun wollen, aber wenig Profit machen werden, mit 100.000 Euro zu unterstützen. Dabei muss Jocelyne schnell erkennen, dass es nicht so einfach ist, Geld zu verschenken, denn mit ihren Aktionen ruft sie rasch Polizei und Finanzamt auf den Plan.

Schließlich gelingt es aber doch, ein Herzensprojekt zu finden, mit dem alles, was sie sich vorgenommen hat, zu erfüllen. Bis dahin ist es aber ein holpriger Weg voller Kurven und Stolpersteine.

Meine Meinung

Das ist ein ganz wunderbares Buch voller Herzenswärme. Eine Frau, die sich aufmacht, andere zu unterstützen – das kann furchtbar kitschig werden. Grégoire Delacourt gelingt es aber hervorragend, immer rechtzeitig abzubiegen und den Kitsch zu umschiffen.

Die Figuren sind bis in die Nebenrollen liebevoll gestaltet und herrlich verrückt. Brigitte aus der Selbsthilfegruppe, die immer auf der Jagd nach Birkin Bags ist, die Zwillinge, die sich einen Mann teilen, der Sohn, der sich in eine deutliche ältere Frau verliebt. Nicht zu vergessen Jocelynes Vater, der an Demenz erkrankt ist und jedes Mal, wenn er nicht mehr weiß, wer er ist, eine neue wunderschöne erdachte Geschichte erzählt bekommt, welche Leistung er in seinem Leben vollbracht hat.

Ich war immer wieder gerührt, habe auch viel geschmunzelt und ich habe gemerkt, dass ich vieles mit der Hauptfigur gemeinsam habe. Die Zufriedenheit mit einem einfachen Leben und dass es einem gut geht, wenn es den Menschen, die uns wichtig sind, gut geht.

Es gibt eine gute Balance in dieser Geschichte, denn nicht alles ist eitel Sonnenschein. Das Geld sorgt auch für Eifersucht, Betrug und Ärger. Dass jeder die Hand aufhalten möchte, kann ich mir im realen Leben sehr gut vorstellen.

Ein Happy End ist drin, auch wenn es lange nicht so aussieht und ihr könnt euch ganz zum Schluss noch auf einen Knaller freuen.

In Kürze

Titel: Alle meine Träume

Autor: Grégoire Delacourt

Verlag: Atlantik

Erschienen: 2025

Preis: 22 Euro

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