Während ich mir überlege, wie ich Euch am besten erzähle, was in diesem Buch passiert, stürmt es draußen und der erste Schnee des Jahres fällt. Das ist tatsächlich das perfekte Wetter, um sich auf diese Geschichte einzulassen.
Darum geht’s
Es passiert eine ganze Menge auf diesen 366 Seiten. Im Mittelpunkt steht Kit, in der Forschung tätige Zahnärztin. Sie macht gerade eine unschöne Scheidung durch und ihre beste Freundin schlägt ihr vor, mit auf einen Antarktiseinsatz zu gehen, um den Kopf frei zu bekommen. Sie selbst erforscht dort das Bewegungsmuster von Seerobben und braucht eine Assistentin. Also geht es mit einem Schiff auf die Reise zur Station, wo sie abgeschlossen von der Welt, gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern, den Winter verbringen sollen.
Unterwegs erfahren sie vom Hilferuf eines anderen Schiffes. Dieses ist in Brand geraten, im Eis festgefroren und niemand mehr kontaktierbar. Als Kits Team dort ankommt, ist fast die gesamte Besatzung verschwunden. Ein erschossener Mann liegt an Deck, ein anderer wird mit Kopfverletzungen in der Kühlkammer gefunden. Sein Name ist Nick und er kann sich nicht daran erinnern, was passiert ist. Er hat sein Gedächtnis verloren, weiß nicht einmal mehr seinen Namen. Die Crew nimmt ihn mit zur Forschungsstation. Nick integriert sich gut ins Team, ist bei allen beliebt. Nur Kit hat Zweifel daran, dass er sein Gedächtnis verloren hat, sie vermutet, dass er dies nur vorspielt, um etwas zu verheimlichen.
Was niemand weiß: Die Mannschaft des ausgebrannten Schiffes konnte sich retten. 21 Menschen irren seit Wochen durch die endlosen Weiten der Antarktis. Ihnen steht nur wenig Nahrung zur Verfügung, die heftigen Winterstürme ziehen auf und wirklich orientieren können sie sich nicht. Alle sind mehr tot als lebendig.
Und auch auf der Forschungsstation passieren komische Dinge. Ein Virus scheint die meisten Teilnehmer befallen zu haben und es sterben Menschen. Das ständige Beisammensein auf engstem Raum macht vielen zu schaffen und dann kehrt auch noch Kits Freundin nicht von einem Außeneinsatz zurück. Kits Nerven sind also aufs äußerste strapaziert und es bleibt die Sorge, ob sie Nick trauen kann. Denn eigentlich fühlt sie sich zu ihm hingezogen, hat aber auch Angst vor der Wahrheit, die er verbirgt.
Meine Meinung
Das Leben auf einer antarktischen Forschungsstation wäre definitiv nichts für mich. Viel zu kalt, zu windig, zu viele Menschen auf engem Raum und die Tatsache, dass man über Monate keine Möglichkeit hat, von dort wegzukommen, würden mich davon abhalten. Es hat schon etwas Klaustrophobisches, wenn die Autorin über das Zusammenleben schreibt. Und die strengen Regeln machen immer wieder deutlich, welche Gefahren lauern, wenn man mehr als zwei Bier trinkt, seine Vitamine nicht nimmt, nach Einbruch der Dunkelheit rausgeht oder nicht seine vielen Schichten Kleidung übereinander trägt.
Darüber zu lesen ist aber ganz unterhaltsam und dieser Thriller hat, vielleicht gerade wegen des ungewöhnlichen Settings, einiges zu bieten. Es ist ein Kammerspiel, bei dem irgendwann niemand mehr weiß, wem er trauen kann und wenn mit den Menschen alles ok ist, ist es die Natur, die eine Gefahr darstellt. Innerhalb der Geschichte gibt es viele Verwicklungen, viele zurückliegende Ereignisse, die noch für Sprengstoff sorgen. Vielleicht sind es zu viele, denn manchmal geht es auf Kosten der eigentlichen Handlung, die ich mir an einigen Stellen etwas detailreicher gewünscht hätte.
Die Autorin selbst hat die Antarktis nie aus der Nähe gesehen. Sie hat sich, wie man im Nachwort erfährt, ihr Wissen aus zwei Blogs geholt. Merkt man diesem Buch aber zum Glück nicht an.
Gerne hätte ich gesagt, dieses Buch ist spannend bis zum Schluss, muss aber leider noch sagen, dass mir die letzte Seite den Spaß am Leben im Nachhinein etwas ruiniert hat. Das Ende ist so unfassbar pathetisch, zuckrig-klebrig, dass ich es ganz schrecklich fand. Am besten hört ihr in der Mitte der vorletzten Seite auf, dann ist alles gut.
In Kürze
Titel: Die Kälte
Autorin: Riley James
Verlag: Hoffmann und Campe
Erschienen: 2025
Preis: 18 Euro