Hier haben wir es mit einer Mischung aus „Cast away“ und „Herr der Fliegen“ zu tun, gewürzt mit einer guten Portion Medienkritik. Die Robinson Crusoe-Idee wird in die Neuzeit übertragen.
Alles für die Einschaltquote
Die Grundidee dieses Thrillers ist das Konzept einer Fernsehsendung. Acht völlig unterschiedliche Menschen ziehen gemeinsam auf eine einsame Insel weit draußen vor der schottischen Küste. Die Teilnehmer wurden so gecastet, dass Ärger vorprogrammiert ist. Das Alter reicht von Anfang 20 bis 60, der Macher ist genauso dabei wie die Zicke, unterschiedliche Bildungsstände und Lebenseinstellungen sorgen für Konfliktpotential. Man stellt sich vor, dass die Welt, wie wir sie kennen, nach einer nicht näher genannten Katastrophe, nicht mehr existiert. Diese acht Menschen sind die letzten Überlebenden. Der Zuschauer kann sie in ihrem Überlebenskampf beobachten, denn sie werden ein Jahr auf dieser Insel bleiben. Ihre Vorräte reichen nur für wenige Wochen, danach müssen sie sich selbst versorgen. Statt eines großen Fernseh-Teams sind nur zwei Kameramänner mit dabei, der Rest wird von fest installierten Kameras und Bodycams gefilmt. Kontakt zur Außenwelt gibt es nicht.
Maddy, die Außenseiterin
Wir als Leser sind während der gesamten Geschichte dicht an Maddy dran. Sie ist um die 30, hat Biologie studiert, aber zuletzt in einem Büro gearbeitet. Wie jeder Teilnehmer hat auch sie eine Aufgabe auf der Insel. Sie soll die essbaren Pflanzen identifizieren und sammeln. Allerdings hat Maddy Schwierigkeiten, sich in die Gruppe einzufügen. Das mag damit zusammenhängen, dass sie nie wirklich Kontakt zu Gleichaltrigen hatte, da ihre Eltern sie Zuhause unterrichtet haben und sie nur mit den beiden zusammen war. Ihre guten Einwände und Vorschläge werden nicht akzeptiert, es kommt zum Streit und schließlich muss Maddy die Gruppe verlassen und alleine auf der Insel überleben.
Kritische Situationen holen das Schlechteste hervor
Man ahnt es schon von Anfang an: Der ständige Hunger und das Aufeinanderhocken, der anhaltende Überlebenskampf sorgen relativ schnell dafür, dass sich die Gruppe spaltet und jeder nur noch für sich selbst einsteht. Es kommt zu Gewalttätigkeiten und Menschen sterben. Einige lernen Alkohol herzustellen, nehmen halluzinogene Pilze zu sich, stehen so ständig unter Drogeneinfluss und werden dadurch unberechenbar. Das macht bereits viele Monate des Zusammenlebens auf der Insel für Maddy unerträglich.
Die Situation eskaliert komplett, als nach einem Jahr kein Boot auftaucht, um die Gruppe abzuholen. Da man dachte, sie nicht mehr zu benötigen, wurden alle Vorräte aufgebraucht. Jetzt muss Maddy um ihr Leben fürchten, denn weil sie sich geweigert hat, ihr Pflanzenbestimmungsbuch abzugeben und einige Teilnehmer vermuten, dass sie für den Tod von Menschen verantwortlich ist, wird sie verfolgt und bedroht.
Meine Meinung
Die einsame Insel, die uns vor Augen führt, wie Menschen in Extremsituationen reagieren, ist nicht neu. Hier finde ich es interessant, dass niemand zufällig strandet, sondern dass alle die Situation freiwillig gewählt haben. An der Fernsehsendung teilzunehmen, hatte unterschiedliche Beweggründe, insgesamt kann man aber sagen, dass alle Teilnehmer die Härte des Jahres unterschätzt haben. In anderen Geschichten ist es fast immer eine Insel in warmen Gefilden, es gibt viel Sand und meistens Kokosnüsse. In diesem Fall ist es anders: Die Handlung wird auf eine Insel vor der schottischen Küste verlegt. Das Wetter ist oft rau und unangenehm. Regen und Kälte sorgen so noch einmal für zusätzliche Schwierigkeiten.
Ob alles, was auf der Insel passiert, sich tatsächlich so zugetragen haben könnte, weiß ich nicht, habe aber meine Zweifel. Dass sich zahlreiche Wildkaninchen einfach mit einem Eimer fangen lassen, wage ich zu bezweifeln. Wenn man nicht alles auf die Goldwaage legt, ist es auf jeden Fall eine spannende Story, die durch eingebaute Fernsehinterviews, die nach dem Ende der Inselzeit geführt werden, neugierig auf das macht, was noch passieren wird. Das Ende ist auf jeden Fall überraschend.
In Kürze
Titel: Stranded. Die Insel
Autorin: Sarah Goodwin
Verlag: Lübbe
Erschienen: 2023
Preis: 12.99 Euro