Liane Moriarty: Eine perfekte Familie

Wer über die Ostertage nicht genug von der eigenen Familie bekommen konnte, kann sich hier noch Tipps in Sachen perfekte Familie holen. Obwohl nicht alles so perfekt ist, wie es zunächst scheint.

Die Familie

Familie Delaney lebt in einer sympathischen Einfamilienhaussiedlung in Australien. Die Kinder sind inzwischen groß und außer Haus, zurück bleiben Joy und Stan, mit knapp 70 gerade im Ruhestand. Ihre erfolgreiche Tennisschule haben sie vor kurzem verkauft und langweilen sich ein wenig. Da bietet eine junge Frau etwas Abwechslung. Eines Abends steht sie plötzlich vor der Tür, mit einer blutenden Wunde im Gesicht – ein Opfer häuslicher Gewalt, ohne Geld und nur mit dem, was sie am Körper trägt, aus der Wohnung ihres Freundes abgehauen. Joy und Stan nehmen Savannah bei sich auf als ob sie zur Familie gehört und geben ihr für mehrere Wochen eine Unterkunft. Savannah kocht, hält das Haus in Ordnung und ist ein sehr angenehmer Gast für das ältere Ehepaar. Die vier Kinder sind allerdings sehr skeptisch und fangen an zu recherchieren, wer die junge Frau wirklich ist und warum sie ausgerechnet bei ihren Eltern vor der Tür stand. War es wirklich reiner Zufall, wie sie sagt?

Das Verschwinden

Eines Tages verschwindet Joy spurlos. Sie hat zuvor eine kryptische Handynachricht an ihre Kinder geschickt, danach hat niemand mehr von ihr gehört. Nach einigen Tagen melden zwei ihrer Kinder sie als vermisst und für die ermittelnden Polizisten ist Ehemann Stan schnell der Hauptverdächtige. Er verhält sich auffällig verdächtig und hat Kratzer im Gesicht. Seine vier Kinder halten die Verdächtigungen erst für Irrsinn, müssen sich dann aber eingestehen, dass er möglicherweise hinter dem Verschwinden ihrer Mutter steckt. Aber wie soll man mit dem Mann umgehen, der vielleicht die eigene Mutter umgebracht hat? Auch wenn es der eigene Vater ist?

Familienbande

Familie Delaney galt für Nachbarn und Freunde immer als die perfekte Familie. Joy und Stan sind seit mehr als 50 Jahren ein Paar und machen immer einen glücklichen Eindruck. Und auch ihre vier Kinder im Alter von 29 bis 39 haben ihren Platz im Leben gefunden. Dass dabei nicht alles so perfekt ist wie es nach außen scheint, offenbart sich nach Joys Verschwinden. Die Geschichte wird in zwei Zeitebenen erzählt. Zum einen in der Jetzt-Zeit, in der wir miterleben können, wie die Familie ohne Joy klarkommt, wie alle versuchen, Antworten zu finden und am eigenen Verhalten zweifeln. Die zweite Ebene beginnt mit Savannahs Auftauchen und wir arbeiten uns langsam vor. Häppchenweise kommen so Details ans Licht. In jedem Kapitel wird die Story aus einem anderen Blickwinkel erzählt, denn niemand aus der Familie kennt die ganze Geschichte. Jeder hat Dinge getan, auf die er oder sie nicht stolz ist und vieles, was über Jahrzehnte vergessen war, tritt wieder hervor. So ergibt sich nach und nach ein vollständiges Bild.

Meine Einschätzung

Auch wenn es um das Verschwinden eines Menschen geht, ist dieser Roman für mich kein Krimi oder Thriller, sondern vor allem eine Familiengeschichte. Ich mochte die Vielschichtigkeit der Figuren und die schrittweise Aufdeckung der Familiengeheimnisse. Ein durchaus lohnenswertes Buch, trotz einiger kleiner Schwachstellen.

Tennis spielt in diesem Buch eine riesengroße Rolle – für mich war es manchmal etwas zu viel. Ich hätte auch keine 558 Seiten gebraucht, eine etwas straffere Erzählweise hätte ab und zu gutgetan. Und am Ende gibt es noch einen Corona-Pandemie-Schlenker. Dieser wirkt auf mich so als hätte die Autorin das Thema aufgrund der Aktualität unbedingt noch einbauen wollen. Nötig war es hier überhaupt nicht. Ich hatte eher das Gefühl, dass die Geschichte auserzählt ist, deshalb fand ich das eher störend.

Lasst Euch davon nicht abhalten, es ist wirklich ein gut konstruiertes Buch.

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