In Kürze
Titel: Die Dorfschullehrerin
Autorin: Eva Völler
Verlag: Lübbe
Erschienen: 2022
Preis: 14,99 Euro
Freche Frauen vs Kleinbürgertum?
Meine bisherige Eva Völler-Leseerfahrung stammt vom Anfang der 2000er Jahre. Damals waren ihre Romane in der Buchhandlung unter „Freche Frauen“ zu finden. Schrecklich. Es waren zumeist seichte Frau-sucht-Mann-Geschichten. Fand ich damals gar nicht so schlecht. Ich bin allerdings recht schnell aus diesem Genre rausgewachsen und – wie ich erfreut 20 Jahre später feststellen konnte – Eva Völler auch. Trotzdem habe ich mich mit diesem Roman erstmal schwergetan, denn die Sprache war mir einfach für die heutige Zeit zu bieder. Hier ein Beispiel: “Für das Mittagessen, das meist ebenso reichhaltig ausfiel, sorgte regelmäßig Augustes altgediente Zugehfrau Adele, die eine fabelhafte Köchin war und obendrein die köstlichsten Torten zaubern konnte.“ Ich habe mich dann doch darauf eingelassen, dass nicht nur die Geschichte in den 1960er Jahren spielt, sondern auch die sprachliche Entwicklung 1964 stehen geblieben ist. Nach einigen Kapitel war ich dann drin. Schwierig fand ich allerdings auch die Sprache der Dorfbewohner. Sie sprechen nicht nur hessischen Dialekt, sondern ein altes hessisches Platt und das war beim Lesen für mich als Westfälin eine echte Herausforderung, obwohl ich Dialekte wirklich gerne mag.
Worum geht es?
Die Dorfschullehrerin. Was das Schicksal will ist der 2. Band der Reihe um Lehrerin Helene. Sie ist mit ihrer 12jährigen Tochter aus der DDR geflüchtet und lebt zurzeit bei der besagten Tante Auguste in Frankfurt. Helenes Mann ist nach missglückter Flucht im Gefängnis gestorben, was ihr und Tochter Marie immer noch zu schaffen macht. Vom Schulamt bekommt Helenes das Angebot, die Leitung einer Dorfschule zu übernehmen. Dafür muss sie in einen kleinen Ort im hessischen Zonenrandgebiet, direkt an der deutsch-deutschen Grenze, ziehen. Hier hat sie bereits nach ihrer Flucht gelebt und eine Beziehung mit dem Arzt des Dorfes geführt, die wegen unterschiedlicher Zukunftspläne zerbrochen ist (vermutlich die Handlung in Band 1, den ich allerdings nicht gelesen habe).
Nun geht es also dorthin zurück, wo jeder Einwohner genau weiß, was die Schuldirektorin tut und mit wem sie sich trifft. Wo eine Beziehung mit dem falschen Mann nicht geduldet wird und lebensbedrohende Konsequenzen haben kann. Und wo die Grenze immer wieder auch das tägliche Leben berührt. Schnell bekommt Helene eine neue Aufgabe, denn nicht mehr jedes Dorf soll eine eigene Schule haben. Sie soll die Gründung einer neuen großen Schule in die Wege leiten – ohne Unterstützung und Räumlichkeiten ein schwieriges Unterfangen. Und natürlich spielt auch ihr Ex-Freund Tobias schnell wieder eine Rolle in ihrem Leben.
Meine Meinung
Mich hat das Buch sehr an die Heimatfilme meiner Kindheit erinnert, die ich in der unzähligsten Wiederholung mit meiner Mama angeschaut habe. Auch wenn es Probleme gab, weil der Ponyhof verschuldet, der reiche Mann doch eigentlich arm war oder das junge Ding nicht gemerkt hat, welches der perfekte Partner für sie ist: am Ende wird alles gut. Und dass es das am Ende auch in diesem Buch wird, daran hatte ich während der gesamten Lektüre keine Zweifel. Die Probleme mit den Dorfbewohnern, die ihr Gemeindehaus nicht für die Schule hergeben wollen, der junge Soldat der einen Fehler macht und die Hebamme, die sich ins Unglück stürzt – all das waren für die damalige Zeit sicherlich Skandale, trotzdem habe ich mir beim Lesen darüber keine besorgten Gedanken gemacht, denn das Happy End ist vorhersehbar und dann auch heimatfilmüblich ziemlich kitschig.
Auch wenn ich mehr kritisiere als lobe: es ist kein schlechtes Buch. Um in Kategorien zu bleiben: Feel good passt gut. Ein Sonntagnachmittag auf der Couch mit Kakao und Keksen; Krieg, Inflation und Benzinpreise eine Zeitlang vergessen und ein bisschen in die nicht ganz so weit zurückliegende Vergangenheit eintauchen. Dafür ist das Buch gut geeignet.